von Hans Genthe
So einen Sturm hat es wohl in der Geschichte des Edinburgh Race noch nicht gegeben. Von 21 Yachten haben 16 aufgegeben, 4 sind inzwischen im Ziel, zwei Yachten sind unterwegs, eine davon noch im Rennen. "Es ist, als hätte Petrus über Pfingsten Luft geholt, um die Edinburgh-Teilnehmer zurück zu blasen." Die anderen Wettfahrten der Nordseewoche waren von Flaute und Nebel heimgesucht.
Doch nach dem Start am Pfingstmontag in totaler Flaut dezimierte Wind bis 50 Knoten, Wellen bis 8 Meter und für die Jahreszeit ungewöhnliche Kälte das Regattafeld extrem. Einige Yachten mussten noch kurz vor dem Ziel aufgeben, so auch leider am frühen Morgen des Freitags der russische Teilnehmer "Brainwash". Die Segel zerrissen, kein Strom mehr für Instrumente und völlig ausgelaugt entschlossen sie sich, den Motor anzuwerfen. Schon am Donnerstag morgen war auf der 12m langen Winner-Yacht der Generator ausgefallen, und damit auch der Funk. In Landnähe konnten sie via SMS eine Statusmeldung abgeben. Inzwischen liegt Brainwash in Granton Harbour, dem Hafen von Edinburgh.
Auch die kleine Arrabiata musste erst auf den letzten 50 Meilen, kurz vor dem Eingang des Firth of Forth, abdrehen, ist nach Blyth abgelaufen und war gegen 3 Uhr morgens im Hafen. An Bord der Sun Fast 3200 sind alle wohlauf. Diverse Schäden am Schiff zwangen die Crew zur Aufgabe.
Erste Yacht im Ziel war die Rennyachten Scho-Ka-Kola von Dr. Uwe Lebens. "Nach dem Start begann ein richtiges Schwachwindrennen. Zwischendurch sind wir sogar zurückgetrieben, da hat uns dann die Norddeutsche Vermögen überholt. In der ersten Nacht sind wir bis zur Doggerbank Code 0 gefahren. Auf der Doggerbank konnten wir die Norddeutsche Vermögen wieder überrunden. " Dr. Uwe Lebens klingt glücklich und auch ein wenig erleichtert. "Das Tuff-Luff (die Vorsegelführung), ist uns um die Ohren geflogen. Zum Glück hat unsere J5 (kleine Fock) Stagreiter. Aber bei jedem Segelwechsel ist uns die Norddeutsche Vermögen näher gekommen. Wir mussten die größeren Segel mit Dyneema (Hochleistung-Leine) ans Vorstag binden."
Magic. Durchgeboxt. Foto: U. Kowarz
Kurz hinter der grauen Reichel-Pugh-Konstruktion kam die blaue Andrews 56 "Norddeutsche Vermögen Hamburg" unter Skipper Georg Christiansen ins Ziel. Auf beiden Yachten führten die Startwindbedingungen zu Ausfällen durch Seekrankheit. "Bei uns waren 30 Prozent der Crew seekrank!" berichtet Lebens, "Zum Glück haben haben die nur einmal gespuckt, und dann ging es wieder. Keiner ist total ausgefallen."
Nach berechneter Zeit hat die Norddeutsche Vermögen die Regatta gewonnen. Da die teilnehmenden Schiffe ein unterschiedlich großes Geschwindigkeitspotenzial haben, werden die tatsächlichen Zeiten mit einem kompliziert ermittelten Handicap-Faktor verrechnet, um die Leistung der Crew zu ermitteln.
Gestern kurz vor Mitternacht ist die "Magic" als dritte ins Ziel gekommen. "Das war wohl meine härteste Tour. Das Wasser war so kalt wie die Luft. 6 Grad. Wir hatten etwa 5m Welle. In einer Welle ist ein Nutella-Glas durch den Salon geschossen und hat Thorsten Eylmann am Kopf getroffen." Jan Hamester von der Frers 51 "Magic" der Segelschule Wellsailing ist ein erfahrener Skipper, "Ich habe das gleich getaped, dann war alles wieder in Ordnung." erzählt Hamester, "Die Frers ist mehr durch die Welle als über die Welle gegangen. Im Vergleich zu den anderen Booten, die ich gesegelt habe, war das ungewohnt. Aber das Seeverhalten war unter Deck sehr angenehm, da konnte man sich gut erholen." Hamester hat bisher viel leichte Boote wie Figaro oder Pacer 36 gesegelt, "Ich habe mich gewundert, wie lange Yachten wie die Sun Fast 3200 "Arrabiata" oder die Pogo im Rennen geblieben sind, die sind eigentlich nicht für die Kreuz gebaut."
Die einzige weitere Yacht, die das Rennen regulär beenden konnte, war bisher ca. 2,5 Stunden später die "Pogo 1", eine Pogo 40 von Sailing Island. Für die Yacht war das Rennen die Qualifikation für das Fastnet Race. "Ich bin froh, dass die heil ins Ziel gekommen sind." Markus Seebich, Geschäftsführer der Segelschule ist deutlich erleichtert. "Die Crew wird jetzt sicher noch tief schlafen."
Das Schwesterschiff, die "Pogo 2" ist in der Nacht in Newcastle eingelaufen. Gemäß dem Wetterbericht dürfte es diese Yacht am härtesten getroffen haben. Die Erzählungen an Bord passen zum Kurs: "An Bord ist soweit alles unter Kontrolle. Der Wind ist aktuell über 40 Knoten, in Böen bis 50 Knoten. See: 4 - 5 Meter." Skipper Michael Mühlmann benachrichtigte 25 Seemeilen vor dem Schutzhafen Blyth Markus Seebich in der die Zentrale der Segelschule. "Drei Crewmitglieder sind seekrank. Ein Crewmitglied hat eventuell eine Rippenprellung. Die Pogo 2 fährt im Moment unter gereffter Fock mit ca. 9 kn Fahrt."
Inzwischen hat der Wind im Seegebiet vor Edinburgh auf ca. 20 Knoten aus Nordost abgeflaut. Als einzige Yacht ist die Swan 442 Charisma noch auf See. Es wird erwartet, das die Yacht, die dank einer extremen Nordroute die den schlimmsten Sturm nicht durchstehen musste, nun mit nordöstlichen Winden unter Spinnaker auf der Rückseite des Sturmtiefs Richtung Edinburg unterwegs ist.
Anfangs war es flau und nebelig. Foto: J. Kohfahl
"Heute gegen Abend wird das Sturmtief das Seegebiet vor Edinburgh erreicht haben." Meeno Schrader, Segelwetterprofi von Wetterwelt und von der boot Düsseldorf für die Nordseewoche engagiert, hatte eine exakte Prognose geliefert. "Das Windfeld hat eine eine mittlere Windgeschwindigkeit von 35 Knoten aus 340 Grad, die Böen können über 50 Knoten gehen." Zum Wind kam erschwerend der Tidenstrom. Das ablaufende Wasser führte zu kurzen, sich brechenden Wellen, die Höhe sollte die 8 Meter auch übersteigen können. Die englische Küste bietet bei der Windrichtung keinen Schutz. Das überkommende Wasser und die Luft waren zwischen 6-8 Grad kalt, das laugte die Mannschaften der kleiner Boote aus.
Die Edinburgh-Regatta ist eine echte Hochseeregatta über die offene Nordsee und die Doggerbank bis Edinburgh. Die Yachten sind drei bis fünf Tage auf sich allein gestellt, um die rund 460 Seemeilen zu bezwingen. Diese traditionsreiche Regatta wird seit 1968 ausgetragen. Als einzige deutsche Hochseeregatta führt die Strecke von Helgoland nach Edinburgh/Schottland über die offene See in den Firth of Forth und endet in Edinburgh’s Yachthafen Granton. Alle 2 Jahre erfolgt der Start, immer am Pfingstmontag, abwechselnd mit der Regatta Pantaenius Rund Skagen.
"Ich fühle mich bestätigt, dass wir harte Sicherheitsanforderungen fordern." Marcus Böhlich hat auf Helgoland die Yachten kontrolliert. "Und ich freue mich über die gute Seemannschaft der Teilnehmer." Alle gemeldeten Teilnehmer hatten den Sicherheitscheck der Wettfahrtleitung bestanden und durften sich bei mussten sich anfangs bei wenig Wind auf dem Weg nach Schottland machen. Zudem muss ein Drittel der Mannschaft ein Sicherheitstraining und erste Hilfe Kurse absolviert haben.
Im Ziel in Edinburgh angekommen sind:
- Do, 23.5.2013, 01:37:20 - Reichel-Pugh 52 "Scho-Ka-Kola", Skipper Dr. Uwe Lebens
- Do, 23.5.2013, 02:30:30 - Andrews 56 "Norddeutsche Vermögen Hamburg", Skipper Georg Christiansen
- Do, 23.5.2013, 22:26:57 - Frèrs 51 "Magic", Skipper Jan Hamester
- Fr, 24.5.2013, 01:07:27 - Pogo 40 "Pogo 1", Skipper Fabian Kennis
Die vollständigen Ergebnisse der Edinburgh-Regatta:
http://www.nordseewoche.de/